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Asien

Myanmar: Von Zwiebeln, Knoblauch und der großen Hitze


In Myanmar ist alles Gold, was glänzt; alles Bethelnussspucke, was rot auf den Straßen leuchtet und alles Curry, was die Garküchen auf der Straße verkaufen.

1640 km
14 Tage
2,000 m
Expert

So kann es auch gehen: wenn man am Flughafen in Yangon ankommt, wird man gleich nach der Einreise gebeten, eine Notiz mit seiner Meinung zum Service sowie Verbesserungsvorschläge in eine kleine Box zu werfen – so etwas wünscht man sich manchmal auch für Flughäfen in Deutschland. Vorsichtshalber verschieben wir die Feedbackrunde mindestens bis zu unserer Ausreise und besteigen ein Taxi in die Stadt.

In Yangons Straßen

 
Yangon ist Ende April heiß und stickig – die Temperaturen steigen auf 37°C und die Sonne brennt erbarmungslos! Bricht man zu einer Abenteuerreise durch die Stadt auf, so hat man andauernd das Gefühl, als hätte jemand einen riesigen Fön auf die Stadt gerichtet. Abenteuerreise deshalb, weil es eine geradezu halsbrecherische Angelegenheit ist, sich als Fußgänger auf den Straßen der myanmarischen Hauptstadt durchzusetzen. Es gibt de facto keine Ampeln, von Fußgängerüberwegen ganz zu schweigen. Möchte man eine Straße überqueren, geht man einfach drauf los und hofft auf das Beste. In der Regel schlängelt sich der Verkehr an einem vorbei, ohne dass er auch nur merklich unterbrochen wird. Fußgängerwege im westlichen Sinne gibt es ebenso wenig. Vielmehr läuft der Yangonreisende stets auf einem schmalen Grat zwischen dem Tod auf der Straße und den Güllegräben direkt daneben – fantastisch!
Nichtsdestotrotz ist die Stadt eine atemberaubende Mischung aus dahinrottender Kolonialarchitektur und 70er Jahre Asia-Schick. Die Menschen sind freundlich und angenehm zurückhaltend, haben allerdings eine für uns eher ungewöhnliche Art, sich tagsüber zu berauschen. Man kaut mit großer Vorliebe Bethelnüsse (und es muss in diesem Land riesige Bethelnussplantagen geben!). Die leckere Droge wird mit etwas Kalk und verschiedenen Gewürzen in das Blatt des Bethelpfeffers gewickelt und daraufhin mehrere Stunden lang im Mund behalten. Umso mehr ist man zu Anfang geschockt und zu einem gewissen Grad auch angeekelt, wenn man das Ergebnis jahrelangen Bethelnusskauens sieht: die Straßen der Stadt – eigentlich jeder Stadt im Land – sind nicht nur überzogen von roten Flecken, dem Ergebnis des permanenten Ausspuckens der Bethelnusskauer, sondern die Zähne der Konsumenten sind als solche auch nur noch zu erahnen. Man fühlt sich in einen schlechten Horrorfilm versetzt, wenn ein Bethelnusskonsument lacht und dabei das ganze Grauen dieser Droge offenbart – braune Zähne und blutroter Speichel.

Doch warum Yangon?

Neben dem einmaligen Bestand an kolonialer Bebauung ist es vor allen Dingen die atemberaubende Schwedagon Paya, weswegen man einen Stopp in Yangon macht. Ein buddhistisches Heiligtum aus Gold und Edelsteinen, thronend über der Stadt, die sich gerade anschickt, das neue Bangkok Südostasiens zu werden.
Wenn man genug von der großen Stadt hat, steigt man in den Bus und ist in nur 6 Stunden am Meer. In diesen 6 Stunden hat man im Bus eine nie zu glaubende Bandbreite an burmesischen Coverversionen internationaler Hits gesehen, die von den Fahrgästen gern auch mal mitgesungen werden. Chaungtha, am Golf von Bengalen gelegen, ist – so lesen wir – das Ziel vieler Yangoner Wochenendreisender. Davon kriegen wir nicht viel mit und entspannen fast allein am Strand. Erst am letzten Tag unseres Aufenthaltes fällt das Partyvolk im Ort ein.

Zwischen den Tempeln von Bagan

 
Die Reiseführer warnen davor, Bagan im Mai zu besuchen – wegen der dann dort vorherrschenden Temperaturen. Und tatsächlich steigt das Quecksilber jeden Tag auf 40-42°C. Wenn man sein Reisetempo ein bisschen daran anpasst und die Mittagszeit am Pool verbringt, ist das aber auszuhalten. Der Vorteil ist – wie auch in allen anderen Teilen des Landes – nur wenige Touristen sind unterwegs und die Preise ebenso im Keller.
Das Pagodenfeld von Bagan ist mit seinen schieren Ausmaßen atemberaubend. Auf einer Fläche von 10x5km befinden sich über 2000 Pagoden – große und kleine, neue und sehr alte, zerfallene und frisch sanierte. Klettert man auf eine der größeren Pagoden und verschafft sich einen Blick über das gesamte Areal, so ist man im ersten, im zweiten und auch noch im dritten Moment überwältigt. Man könnte tagelang auf den Sandpisten zwischen den Pagoden hin und herfahren und würde trotzdem sehr lange brauchen bis man auch die letzte besichtigt hätte.

Mit dem Zug in den Norden

 
Wenn Hildesheim die Perle Niedersachens ist, dann ist Mandalay sicherlich die Perle Myanmars. Denn auch wenn der Klang der Stadt viele Assoziationen auslösen mag, so erschließt sich die Schönheit der Stadt nicht unbedingt auf den ersten Blick. Auch auf den zweiten und dritten Blick kann man nur bedingt von einer charmanten Stadt sprechen – wie auch Hildesheim wurde die Stadt im zweiten Weltkrieg vollständig zerstört und danach im 50/60-er Jahre Stil Asiens neu errichtet. Gut getan hat es der Stadt nicht – wie es auch Hildesheim nicht gut tat.
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Dennoch ist Mandalay der Ausgangspunkt für unsere Weiterreise in den Norden des Landes. Mit dem Zug machen wir uns auf den Weg nach Pyin Oo Lwin. Von den Briten auf einer Höhe von knapp über 1000m gegründet, ist dieses Städtchen, gerade im Sommer, verglichen mit der Höllenhitze Mandalays, angenehm kühl. Doch zuerst fährt man mit dem Zug vier Stunden auf das Shan Plateau – Zugfahren in Myanmar ist unvergleichbar. Man wir hin- und hergeworfen, nach oben geschleudert und wieder zurück auf den Sitz gedrückt und kommt trotzdem wohlbehalten an. Wir besteigen nach nur zwei Tagen in Pyin Oo Lwin erneut den Zug in Richtung Lashio – diesmal geht es über das Gokteik Viadukt. Im Jahre 1900 gebaut, überspannt diese Brücke über eine Länge von 600m einen 100m tiefen Abgrund. Quietschend fährt die Bahn im Schritttempo über dieses Meisterwerk der Ingenieurskunst. Die Zug windet sich durch die fabelhafte Landschaft des Shan-Plateaus - Reisefelder, Teeplantagen und Gemüsegarten soweit das Augen reicht. Bei Temperaturen um die 30°C gerade im myanmarischen Sommer ist ein Trip in den Norden eine angenehme Abkühlung.

Mit dem Boot über den See

 
Wenn man nach Nyaung Shwe kommt, dem Ort, in dem die meisten Touristen ihre Unterkunft beziehen, sieht man erst einmal nichts vom Inle See. Es führt nur ein schmaler Kanal von Nyaung Shwe zum Wasser. Erst nach einer 20 minütigen Fahrt mit dem Longtail Boot öffnet sich der Kanal zu einem riesigen, von kleinen Inseln und Wasserpflanzen durchzogenen See. Berühmt ist dieser nicht nur ob seiner landschaftlich reizvollen Lage inmitten der Hügellandschaft des Shan Staats, sondern vor allem wegen des vielfältigen Lebens auf und um das Wasser: Fischer, die mit nur einem Bein auf ihrem Ruder balancierend ihre Reusen auswerfen; Weber, die aus Lotusfäden Luxusstoffe herstellen; Märkte, die von den obligatorischen Zwiebeln und Knoblauchzehen bis zu den allseits beliebten chinesischen Plastikwaren alles feilbieten und täglich den Ort wechseln hin zu verwunschenen Klöstern und zerfallen Pagoden auf den Hügeln des Shan Plateaus. Und übrigens: Myanmar ist die unangefochtene Nummer 1 beim Pro-Kopf-Verbrauch von Zwiebeln. Die scharfe Knolle ist ein omnipräsenter Begleiter unserer Reise: auf den Märkten des Landes und den kulinarischen Köstlichkeiten der myanmarischen Küche. Ständig werden Unmengen riesiger Säcke mit Zwiebeln oder Knoblauch (manchmal auch mit undefinierbarem Inhalte) an uns vorbei in Tuktuks, Boote und Züge gehieft. Das ist beruhigend - für den Zwiebel- und Knoblauchnachschub ist hier in jedem Fall gesorgt.




Von der Küstenstraße auf dem Weg ans Kap Kolka machen wir einen kurzen Abstecher zur Radarstation in Irbene. Die Sowjets nutzten die riesigen Antennen zum Abhören westlicher Telefongespräche, heute nach dem Abzug der Sowjets werden die beiden Radarantennen von der Wissenschaft genutzt. Etwas Surreales hat es schon, wenn auf einmal, mitten im Nichts, eine Antenne mit einem Durchmesser von 30m im Wald auftaucht.
Das Kap von Kolka trennt die offene Ostsee von der ruhigeren Rigaer Bucht, ist aber, ob seiner Überfüllung durch Touristen, nicht so spektakulär. Auf unserem Weg gen Rīga verbringen wir noch eine Nacht an der Bucht bevor es am nächsten Tag in die Stadt geht. Rīga ist eine hübsche hanseatische Stadt, die vom Einfluss des sowjetischen Brutalismus, jedenfalls in der Innenstadt, gottseidank verschont blieb. Daher schieben sich riesige Gruppen deutscher und schwedischer Touristen (letztere fahren mit dem Schiff als Tagesausflug von Stockholm nach Rīga – auch, aber natürlich nicht nur wegen des an Bord günstig zu erwerbenden Alkohols) über die kopfgesteinten Gassen der Altstadt.
Nichtsdestotrotz genießen wir den Flair, der mit seinem großen Jugendstil-Quartier auch außerhalb der Altstadt viel Sehenswertes zu bieten hat. Von Rīga fahren wir weiter nach Tūja, um dort noch einmal eine Nacht mit Blick auf die Ostsee zu verbringen, bevor es dann am nächsten Tag weiter nach Estland geht.
Die Grenze zwischen Lettland und Estland ist auch nur noch ein dahin rottendes Gebäude, um das wir einen größeren Schlenker fahren müssen, bevor es auf estnischen Wegen weiter gen Norden gehen kann. Unser erstes Ziel ist Saaremaa, die größte der estnischen Ostseeinseln. Wir halten daher nur kurz in Pärnu (dt. Pernau), um unsere Vorräte aufzufüllen, bevor es in Virtsu (dt. Werder) auf die Fähre nach Muhu geht, die kleiner, Saaremaa vorgelagerten Insel, die mit derselben durch einen befahrbaren Damm verbunden ist.
Die Insel überqueren wir erst einmal komplett von Ost nach West, um zur einsamen Halbinsel Sörve zu gelangen, die über 50 km in die Rigaer Bucht hineinragt und auf der wir nur hin und wieder Kontakt zu anderen Menschen haben. Hier können wir unseren Bulli direkt an der Küste parken und dem atemberaubenden Sonnenuntergang zuschauen.
Am kommenden Tag fahren wir kreuz und quer über die Insel, besichtigen einen der „größten“ Metereoitenkrater Europas (man ist sehr stolz darauf) und statten den regional stark verbreiteten kleinen Holzwindmühlen einen Besuch ab. In der Hauptstadt der Insel, Kuressaare (dt. Arensburg), werfen wir noch einen Blick in die wunderbar erhaltene Bischofsburg, bevor es wir uns noch einmal einen einsamen Stellplatz zwischen Wald und Meer suchen.
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Von dort geht es dann weiter nach Tallinn (dt. Reval), der Hauptstadt des Landes, die nur noch eine kurze dreistündige Fährfahrt von Helsinki entfernt ist. Tallinn überrascht uns mit einer eklektischen Mischung aus alter, teilweise mittelalterlicher Architektur und modernen Glas- und Stahlbauten, die dem Stadtbild ein ganz eigenes Flair verleihen. Nach einem kurzen Intermezzo mit dem städtischen Leben machen wir uns vom nördlichsten Punkt der Reise wieder auf gen Süden.
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Ziel der Etappe ist der Soomaa Nationalpark, ein riesiger, von Hochmooren dominierter Landstrich im Südwesten des Landes. Und hier werden wir dann erstmalig auch mit Terror-Mücken konfrontiert, die sofort auf Angriff schalten, sobald man das geschützte Gefährt verlässt.
Wir verabschieden uns von den estnischen Mooren und fahren weiter gen Süden, auf der Via Baltica, zurück nach Lettland, an Rīga vorbei, bis wir am Ortsausgang von Jelgava (dt. Mitau) einen kurzen Tankstopp einlegen, der dann leider doch ein etwas länger wurde: der Bulli, der bis dahin nur wenige Probleme machte, wollte auf einmal nicht mehr anspringen. Also Abschleppdienst bestellt und das erstbeste Hotel in Jelgava gebucht, das leider seine Schönheit auf dem Schlachtfeld des 2. Weltkrieges verloren hat. Heute dominiert 50er Sowjetarchitektur das Stadtbild. Am nächsten Tag wandern wir frohen Mutes zur Werkstatt, die doch tatsächlich auch an einem Sonntag geöffnet hat, nur ist uns die holde Dame am Empfang nicht ganz so gewogen und will uns weder verstehen noch einen Monteur zu unserem Bulli schicken. Völlig frustriert ziehen wir von dannen und siehe da, auf einmal startet das Auto wieder – juhu! Wir beladen das Gefährt und fahren – ohne es auch nur einmal auszumachen – bis nach Vilnius (dt. Wilna), die litauischen Hauptstadt.
Doch nach unserem kleinen Ausflug durch die Innenstadt von Vilnius mit ihren tausenden Kirchen, will der Bulli nun wirklich nicht mehr. Das beschert uns einen ganz extra Tag in Vilnius. Nach vielem Hin und Her und bereits gebuchten Flügen zurück nach Berlin, können wir den Bulli dann doch noch auf den letzten Drücker repariert abholen und machen uns auf die lange Tour von Vilnius nach Berlin – 1000 km durch Litauen, Polen und den Osten Brandenburgs. 14 Stunden und 3x Tanken später kommen wir des Nächtens zurück in Berlin an.

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